Vom Steuerberater zum Unternehmer – warum die Rolle (fast) wichtiger ist als Fachwissen

Vom Steuerberater zum Unternehmer – warum die Rolle (fast) wichtiger ist als Fachwissen
Viele Steuerberater kennen das Gefühl: Der Arbeitstag ist voll, die To-do-Liste noch voller. Zwischen Abgabefristen, Rückrufen und Jahresabschlüssen bleibt kaum Raum zum Durchatmen. Abends stellt sich dann oft die Frage: „Habe ich wirklich an meiner Kanzlei gearbeitet – oder nur in ihr?“
Genau hier liegt der entscheidende Unterschied zwischen Fachkraft und Unternehmer.
Die meisten Kanzleien funktionieren im Alltag gut, zumindest auf den ersten Blick. Die Fristen werden irgendwie mal wieder eingehalten, Mandanten sind zufrieden bzw. Beschweren sich nicht und das Team arbeitet solide, wenn nicht gerade wieder alle krank sind. Doch unter der Oberfläche zeigen sich Probleme.
Zu wenig Klarheit, steigender Druck, fehlende Zeit für Strategie. Viele Kanzleileitungen spüren, dass sie im Tagesgeschäft gefangen sind. Das Kanzlei-Geschäft läuft, aber es entwickelt sich nicht weiter. Stets ist immer alles mit Stress verbunden.

Steuerberater sind fachlich top – und trotzdem im Alltagstrott gefangen
Die Ausbildung zum Steuerberater ist geprägt von Fleiß, Ausdauer und Detailarbeit. Wer dieses Ziel erreicht, gehört zu den besten Fachleuten seines Gebiets. Doch das Berufsbild hat sich gewandelt. Fachliche Exzellenz reicht nicht mehr aus, um eine Kanzlei langfristig erfolgreich zu führen.
Wer dauerhaft in der Rolle der Fachkraft bleibt, gerät unweigerlich in die Hamsterrad-Logik: viel Arbeit, wenig Gestaltungsspielraum, kein klarer Plan für die Zukunft. Immer nur von Tag zu Tag denken und handeln. Unternehmeraufgaben wie Kanzleistrategie, wirtschaftliche Steuerung oder Teamentwicklung bleiben liegen. Und genau diese Aufgaben entscheiden darüber, ob eine Kanzlei stabil wächst oder stagniert.

Warum es ohne Unternehmertum nicht mehr geht
Die Steuerbranche steht unter gewaltigem Druck. Digitalisierung, KI-tisierung, Automatisierung und Fachkräftemangel verändern die Spielregeln enorm. Mandanten erwarten schnelle Kommunikation, digitale Prozesse und Beratungsleistungen, die über klassische Steuerdeklaration hinausgehen.
Kanzleien, die nur reagieren, geraten ins Hintertreffen. Die Unternehmerrolle ist deshalb keine Kür, sondern Pflicht.
Sie bedeutet:
- aktiv an der Kanzlei arbeiten statt nur im Tagesgeschäft
- klare Entscheidungen treffen und kommunizieren
- Strukturen schaffen, die auch ohne dich funktionieren
Kurz gesagt:
Fachkraft-Aufgaben sichern den Moment. Unternehmer-Aufgaben sichern die Zukunft.
Vier Rollen, eine Kanzlei und ein klarer Auftrag
In “echten” Unternehmen gibt es drei verschiedene Abstufungen:
- Fachkraft:
sorgt für fachlich saubere Arbeit - Manager:
organisiert Abläufe und koordiniert das Team - Unternehmer:
denkt strategisch, entwickelt die Kanzlei und gestaltet Zukunft
In Steuerkanzleien kommen wir mit diesen drei Abstufungen nicht aus. Denn schließlich ist der Kanzleiinhaber meist die beste ausgebildetste Fachkraft und haftet im Zweifel für falsche Auskünfte.
Daher gibt es eine vierte Stufe:
- Steuerberater:
Aufgaben, die aufgrund von möglicher Haftung durchgeführt und kontrolliert werden müssen.
Doch der Fokus sollte auf die Unternehmerrolle liegen und weniger auf die Steuerberaterrolle als Kanzleiinhaber, der sich als Unternehmer und Kanzleientwickler sieht.
Die Erfahrung zeigt:
Wer nicht bewusst Unternehmerzeit einplant, wird von den drei anderen Rollen aufgefressen.
Die Empfehlung aus dem Kanzlei-Flywheel lautet daher:
Grundsätzlich 20% - 30% Prozent der Arbeitszeit als Unternehmerzeit blocken.
Das klingt im ersten Moment viel. Ist es auch. Insbesondere, wenn man sich das Arbeitspensum der meisten Kanzleiinhaber jetzt schon anschaut.
Daher ist der Anfang schon gemacht, wenn zu Beginn erst einmal drei bis vier Stunden pro Woche Unternehmerzeit eingeplant wird. Denn kleine Schritte bringen große Wirkung, solange sie konsequent umgesetzt werden.
Die größten Stolperfallen auf dem Weg zum Kanzleiunternehmer
Keiner ist als Unternehmer auf die Welt gekommen und auch Steuerberater haben in der Examen Vorbereitung nicht gelernt, wie man eine Kanzlei führt.
Daher kommen diese Stolperfallen immer wieder vor:
- Kein klares Rollenverständnis - man bleibt in der Komfortzone der Facharbeit
- Operatives Verzetteln - Mandantenanfragen und Fristen verdrängen Strategie
- Angst vor Mandanten - oder Mitarbeiterverlust - lieber weitermachen wie bisher
- Fehlende Systeme - Entscheidungen und Prozesse hängen allein an der Kanzleileitung
Diese Hürden sind nicht ungewöhnlich. Wichtig ist, sie bewusst zu erkennen – und dann systematisch anzugehen. Genau hier greift das Kanzlei-Flywheel: Strategie, Effizienz, Team, Wirtschaftlichkeit und Attraktivität bauen alle auf einer klaren Unternehmerrolle auf. Ohne diese Basis laufen Optimierungen ins Leere.

Praxisbeispiele für den Rollenwechsel
- Eine Kanzleileitung reduziert die fachliche Arbeit bewusst auf vier Tage pro Woche. Der fünfte Tag fließt in Strategie, Führung und wirtschaftliche Steuerung.
- Unternehmerzeit wird fest im Kalender blockiert - etwa freitags von 9 bis 16 Uhr. Mandanten und Team wissen: Diese Zeit ist reserviert für Kanzleientwicklung.
- Aufschreiben was für Arbeiten erledigt wurden und diese Arbeiten in Fachkraft, Manager, Unternehmer und Steuerberater Aufgaben zuordnen. Jede Woche den Anteil Unternehmerzeit ein wenig erhöhen.
Der Einfluss von "Unternehmertum" auf das Kanzlei-Flywheel
Unternehmertum ist kein isoliertes Thema. Es zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche der Kanzleientwicklung: Unternehmertum ist die Grundlage, auf der alle weiteren Maßnahmen wirken können.
Strategie:
Ohne Unternehmerrolle fehlt die Zeit, um Vision, Positionierung und Beratungsprodukte klar zu entwickeln.
Wirtschaftlichkeit:
Nur wer seine Rolle als Unternehmer wahrnimmt, hinterfragt regelmäßig Honorare, analysiert Mandantenstrukturen und steuert über Kennzahlen.
Effizienz:
Prozesse lassen sich nur dann konsequent vereinfachen und digitalisieren, wenn die Kanzleileitung bewusst Zeit dafür schafft.
Team:
Führung und Kultur entstehen nicht nebenbei. Sie brauchen Klarheit und Haltung – beides beginnt beim Unternehmer.
Attraktivität:
Eine Kanzlei wird erst dann als starker Arbeitgeber und moderne Marke wahrgenommen, wenn sie von innen heraus unternehmerisch geführt wird.
Fazit:
Unternehmertum ist die Voraussetzung für Kanzleientwicklung
Wer seine Kanzlei nicht nur verwalten, sondern gestalten will, kommt um die Unternehmerrolle nicht herum. Sie ist der Motor, auf dem alles andere aufbaut.
Es braucht keine Revolution, sondern kleine, klare Schritte. Schon ein einziger Unternehmerblock pro Woche kann den Unterschied machen.
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